Mein rollender Persil- Karton

Als ich neulich mein Auto beim Angelplatz abstellte, kam mir eine leichte Brise von Verwesung in die Nase. Nun ja, hier gibt es ja noch offene Abwasserkanäle, dachte ich bei mir, und die stinken ja schon mal. Abgehakt.

Doch am nächsten Tag brachte das sonnige Wetter auch bei mir vor der Haustür, wo ich das Fahrzeug dann abgestellt hatte, wieder  dieses nette Wölkchen dahingammelnden Fleisches in meinen gar empfindlichen Riechkolben. Jedoch konnte ich hier den Abwasserkanal ausschließen. Lag da jetzt etwa was totes in den Büschen? Mein Schatz roch diese Note auch, die mittlerweile sogar durch die Lüftung kam, also war es zumindest keine Sinnestäuschung. Um sicher zu gehen, woher der Geruch kam, kroch ich also schnüffelnd und zunächst erfolglos durch die angrenzenden Grünanlagen, dann um mein Auto. Vielleicht etwas überfahren, was jetzt im Radkasten klebt? – „Negativ, Sir.“ Ich öffnete die Motorhaube und suchte um meine übersichtlich in Reihe geordneten drei Zylinder des Motors nach dem Quell der Düfte. Und wurde fündig: Ein Marder hatte anscheinend in meinem Motorraum ein Festmahl abgehalten, schaffte aber die erlegte Beute nicht so ganz. Hätte vielleicht das Brot dazu weglassen sollen… Und anstatt sich ein „Doggy Pac“ für schlechte Zeiten zu machen, ließ er die halbe Taube einfach auf dem Getriebe liegen. Wo sie nun so friedlich vor sich hin kompostierte. Ohne Kopf und Brustfleisch.

Mausi sprang gleich 2-10 Schritte rückwärts, mit einem Gesicht, als hätte sie an Familie Flodders Socken riechen müssen: „Boh, ey, das machst du aber bitte weg! Jetzt!“ – „Wieso immer ich??!“ – „Weil du bei der Feuerwehr bist.“ So erschöpfend ist die Argumentation bei ekligen Jobs also: Tote Tiere beseitigen ist also der Job, für den Feuerwehrler prädestiniert sind. Warum auch immer.

Mit einem Latexhandschuh war die halbe Taube schnell aus der Technik gepflückt. Als ich zum Mülleimer ging, war mein Schatz allerdings etwas entsetzt: „Du willst die jetzt nicht einfach in die Tonne schmeißen?!“ – „Was soll ich denn damit machen? Adoptieren? Suppe kochen?“ – „Aber Müllabfuhr ist Freitag, und heute ist erst Dienstag! Das stinkt doch!“ – „Ja sicher. Darum werde ich sie ja auch nicht bis dahin im Kofferraum deponieren. Oder soll ich sie oben auf den Mülltonnen- Kasten legen?“ Der Gedanke erschien ihr dann doch etwas ekliger. Als der Tonnendeckel sich über der sterblichen Vogelhülle schloss, meinte sie nur noch, dass dann ja wohl ich den Müll für den Rest der Woche in die Tonne bringen sollte (verstehe, Feuerwehr und so…), und die Sache war erledigt.

Also fast. Denn im Motorraum roch es immernoch erbärmlich, wenn der Motor warm wurde: Der Marder hatte beim Speisen wohl etwas gekleckert. Und diese Erinnerung an das Mahl winkte uns jetzt durch die Lüftung entgegen. Lecker! Also machte ich bei nächster Gelegenheit noch eine Motorwäsche.

Der Geruch aus dem Motorraum war jetzt zwar mit den letzten Resten weg, nichts desto Trotz hatte sich das Parfüm des Todes aber in den Luftschächten festgesetzt, so dass man immer eine leichte Erinnerung an Oma in der Nase hatte. Da zudem auch die Klimaanlage immer ein paar Sekunden lang etwas muffte, wenn man sie einschaltete, fand ich es an der Zeit, noch einmal tätig zu werden. (Durch die Kondensfeuchtigkeit in der Klimaanlage kommt es schon mal zum Pilzbefall, der sich dann durch ein Aroma alter Socken bemerkbar macht, wenn man sie einschaltet. Riecht nicht gut, und ist bestimmt auch nicht gesund.)

Nun gibt der Markt für Motorfetischisten ja vieles an Chemie her, unter anderem auch so Döschen, die durch Desinfektion dem Klimapilz und Gerüchen den Garaus machen sollen. So eine sollte es jetzt richten. Beim Polish- Dealer meines Vertrauens wurde mir ein Produkt einer Firma, die mit „S“ anfängt (und mit „onax“ aufhört…), empfohlen. Da ich aber schon von der Politur der Firma nicht viel halte (Sonnencreme hat nach meiner Meinung etwa den gleichen Effekt), wollte ich eine andere Firma supporten. Dieses Mittelchen war zwar etwa 1,50 Mäuse teurer, machte mir aber auch den besseren Eindruck. Wie das bei der Werbung eben so ist: Die Firma mit „S“ hatte zwar die buntere Verpackung, aber für Männer muss es natürlich mehr um die Technik gehen, und auf der Dose meiner Wahl stand einfach die kompliziertere Beschreibung… 😉 Außerdem nehme ich aus Prinzip fast nie das billigste, sondern immer das zweitbilligste Produkt. Ein gewisser Qualitätsvorsprung soll ja sein. Im Prinzip sollte diese Begasung folgendermaßen von statten gehen:

Klimaverdampfer trocknen- Pilz vergasen – Verdampfer erneut trocknen – Lüften. Guuuut lüften. Damit man sich dabei nicht selbst gleich mit abtötet, soll man das Auto hierzu verlassen.

Also drehte ich auf der Heimfahrt bei 24 Grad Außentemperatur schon mal die Heizung auf „Voll“. Und schwitzte bei gefühlten 70 Grad Innentemperatur wie ein Ochse und hatte fast schon Kringel vor den Augen, als ich zu Hause vorrollte. Nun konnte also Teil 2 beginnen: Pilz und Friedhofsaroma vergasen. Hierzu hatte ich mir extra den Zweitschlüssel mitgenommen, da ich keine Lust hatte, das Auto mit steckendem Schlüssel und laufendem Motor alleine in der Straße stehen zu lassen, und die 15 Minuten, die es dauern sollte, wollte ich auch nicht neben dem Auto stehen und den Bäumen beim Wackeln zusehen.

Also weisungsgemäß die Lüftung auf „Umluft“ gestellt, die Dose in den Beifahrerfußraum gestellt, den Rastknopf zum Dauersprühen eingeknipst – und erschreckt feststellen, dass man den Zweitschlüssel noch in der Tasche hat und der Wohnungsschlüssel am Zündschloss baumelt! Während die Dose also schon ihren tödlichen Inhalt versprühte, fummelte ich in aller Panik unter Husten und Augenbrennen meinen Wohnungsschlüssel vom Autoschlüssel im Zündschloß (ich war in kürzester Zeit schon so umnebelt, dass mir nicht einfiel, dass es womöglich schneller ginge, wenn ich einfach den Schlüsselbund komplett abziehe und das Auto mit dem Zweitschlüssel erneut starte…), verließ die unwirtliche Umgebung und schloss das Auto mit dem Zweitschlüssel ab. Nun gut, jetzt hatte ich eine viertel Stunde, um mich wieder zu erholen.

Gespannt ob des Ergebnisses öffnete ich nach der angegebenen Zeit die Autotür, um nun nach Anleitung die Lüftung umzustellen und die Dose zu entsorgen. Heidewitzka, die Karre roch, wie Firma Henkel bei Hochwasser! Ich hatte das Gefühl, in einen Persil- Karton einzusteigen! Naja, das sollte nach dem Lüften ja besser werden. Hauptsache, die Klitsche riecht nicht mehr nach Bestatter.

Nur: Auch nach dem gründlichen Lüften duftete der weiße Bomber noch nach Persil. Und zwar so heftig, dass ich nach einer Fahrt zur Wache etwa zwei Stunden lang einen belegten Hals hatte! Auch der etwas muffige Klimapilzverrottungsduft kam noch etwas durch die Waschpulverwolke. Na toll…

Erst, nachdem ich das Armaturenbrett im Fußraumbereich, wo die Dose ihr Werk vollbrachte, mit Seifenwasser abwischte, wurde es etwas besser mit dem imaginären Waschpulverkarton, so dass man auch längere Strecken ohne Halsverdörrung ertragen konnte. Und der letzte Muff verschwand nach zwei weiteren Tagen. Aber den Seifengeruch habe ich immernoch im Auto.

Abschließend frage ich mich, wie man in diesem unseren Lande ein solches Zeug einfach so jugendfrei an unschuldige Bürger ohne Chemieschutzanzug oder „Gefährliche Stoffe und Güter“- Schulung verticken darf! So ganz Gesund ist das Desinfektionsspray nämlich bestimmt auch nicht! Mein Auto hingegen riecht jetzt schön nach Waschtag…

Über firefox05c

Firefighter, Kittyowner, Bagpipeplayer. Querulant. Manchmal bissig, aber im Großen und Ganzen handzahm. Die Themen hier: Feuerwehr - Rettungsdienst - Alltag .
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9 Antworten zu Mein rollender Persil- Karton

  1. cutique schreibt:

    Hammer guter Blog 😀
    Da hat man auch an eher düsteren (wettertechnisch gesehen) Tagen wirklich auch was zu lachen!

    Auf meinem Blog gibts ansonsten auch noch den ein oder anderen Alltagswahnsinn 😉

  2. mellesworld schreibt:

    Bei mir müffelt der PC manchmal seltsam- aber ich hoffe doch nicht, dass da irgendwo eine verwesende Taube liegt, denn einen Feuerwehrler zum Entsorgen habe ich leider nicht zu Hause 😉

  3. Wolfram schreibt:

    Hm. Die Klimaanlage trocknet eigentlich recht zuverlässig ab, wenn man sie zehn Minuten vor Erreichen des Ziels abschaltet. Das reicht dann auch, um beim Türöffnen nicht von einem Hitzschlag erwischt zu werden. Aber mit Klimaautomatik denkt man so ungern daran…

    Leider schalten meine Autos bei Umluftbetrieb die Klimaanlage auf Sparflamme, so daß die nicht so richtig durchgeblasen würde. Ich spare mir derartige Produkte also lieber… (und auch die Gefahr, wegen unnötigen Laufenlassens des Motors eine Knolle einzufahren; die sind hierzulande mehr als doppelt so teuer wie in Deutschland)

    • firefox05c schreibt:

      Leider muss ich zugeben, dass viele meiner Fahrten innerhalb der Stadt stattfinden und im Schnitt etwa 20 Minuten dauern. Da wird die Klimaanlage auch schon mal für die kurzen Strecken angeschaltet, wenn es sehr warm ist oder die Scheiben beschlagen. Nicht unbedingt richtig, aber „nobody is perfect“. 🙂

  4. zbygnev schreibt:

    Moin,
    vieleicht hätte der Kollege vom Blog nebenan ja fachgerechten Rat zur Beseitigung der Taube (und ggfs. der olfaktorischen Erinnerung an die Oma) geben können 🙂

  5. Ich habe – wie immer eigentlich – wieder sehr gelacht. Grandios!

    PS: Sowas MUSS definitiv mit ins Buch. 😉

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