„Hömma, dein Auto brennt!“

Ich stand in der Küche und teilte ein großes Stück Kuchen. So als Proviant für später, denn in einer halben Stunde begann meine Schicht. Bei einem kurzen Blick aus dem Fenster sah ich, dass der Nachbar gerade vorfuhr. Ich packte den Kuchen in eine Plastikdose und schaute noch einmal hinaus. Und stutzte: Die Fahrertür des Autos stand offen, der Nachbar saß drin – und aus dem seitlichen Heckfenster stieg Rauch auf! Sollte der Mann denn so intensiv quarzen? Da mussten mindestens noch zwei Mitfahrer hinten im Auto sitzen und den Kippenqualm rausblasen!

Ich beobachtete das Schauspiel einen Moment, um sicher zu sein, dass ich eingreifen sollte. Man will ja dem lieben Nachbarn nicht für Noppes „datt Hemd an flattern machen“, wie man hier so sagt. Abwarten kann ich ja, so als Berufslöscher muss man auch mal ruhig bleiben können. Aber der Rauch wurde mehr, sogar eine kleine Flamme züngelte an der Dichtung des offenen Heckfensters hoch. Nun gut, das war jetzt wirklich nicht mehr mit Zigarettenrauch zu erklären! Der Nachbar hingegen hatte scheinbar noch nichts von seinem Pech bemerkt und saß immer noch vorne im Auto, fummelte an irgendetwas herum. Ich fand, man sollte den Herrn mal zeitnah informieren, dass sein Fahrzeugheck rasant oxidiert. Ist ja auch irgendwie eine Wertminderung.

Jetzt hatte ich ein Problem, vor dem wohl nur Feuerwehrleute stehen können: Welches Löschmittel nehme ich denn nun? Die Feuerlöschdose mit dem wässrigen AFFF (ein schaumbildendes Löschmittel), die im Flur an der Garderobe steht? Nö. Die muss ich ja im Internet nachbestellen. Außerdem ist sie so einfach zu bedienen, dass sie auch zum Beispiel durch einen Gast benutzt werden könnte, falls in meiner Butze mal das Inferno ausbrechen sollte. Den CO2- Löscher, der im Wandschrank liegt? Negativ, Sir: Der ist für die Küche. Ich versaue mir im Brandfall doch nicht die neuen Möbel! Also bleibt nur der klassische Pulverlöscher. Der stand beim Einzug im Wohnzimmer auf der Fensterbank rum, ich hatte ihn dann ins Auto verfrachtet, damit er aus der Bude rauskam. Wie gesagt: Ich will mir im Brandfall ja nicht das ganze Gehäuse einpudern. Für’s Nachbarauto reicht der aber. 😉

Ich griff meinen Schlüsselbund, lief hinaus zum immer stärker qualmenden Auto – und vergaß meine gewohnt höfliche Art: „Ey, hömma! Dein Auto brennt!“ Die Antwort erstaunte mich etwas. Die riesige Innenbeleuchtungs- Konstruktion baumelte vom Autohimmel, der Fahrer fummelte daran herum: „Ich weiß“, antwortete der frischgebackene Besitzer des mobilen Lagerfeuers. „Das kommt von der Lampe, irgendwie…“ Ich klärte ihn auf: „Nö. Das Auto brennt hinten. Mach mal die Klappe auf!“ Erschrocken drehte er sich um, begriff die Lage und schaltete in den „Hasen- Gang“: Wie gestochen flitzte er vom Maschinistenstand zum Heck. Ich lief zu meinem eigenen PKW, der zwei Plätze weiter abgeparkt war, und holte die 2kg- Löschbombe aus dem Kofferraum.

Oxidations- Unterbrecher

mein Oxidations- Unterbrecher

Bei meiner Rückkehr hatte der Nachbar schon die Heckklappe geöffnet und zog die Innenverkleidung vor dem Radkasten etwas ab. Zumindest an den Stellen, die nicht schon anfingen zu schmilzen. Dahinter flackerten offene Flammen und immer dichter werdender Rauch quoll hervor. „Darf ich mal? Vorsicht, bitte“, sagte ich ruhig.  Aha. Da war sie wieder, meine Höflichkeit: Mit den passenden Waffen in der Hand machte sich wieder Gelassenheit bei mir breit. Ein gezielter, kurzer Pulverstoß hinter die Verkleidung – wirklich ganz kurz , und die offenen Flammen waren zunächst weg. Jedoch stieg der Rauch noch sehr flott aus der Verkleidung, was auf fortgesetzte Oxidationsvorgänge in den Tiefen des Radkastens hinwies. Als wir die verbeulte Plastikschale weiter aufbogen, kamen auch wieder kleine Flammen hervor. Also: „Noch mal ein Stückchen Platz machen, bitte.“ – Der zweite, ebenfalls sehr kurze Strahl ging in die Ecke: PFFT! – Feuer tot. Der Rauch wurde weniger und stieg langsamer auf. Ich hatte wahrscheinlich nicht mehr als 100 Gramm Pulver gebraucht, eher weniger. Der Kofferraum war nur leicht zugestaubt, auch der Nachbar bekam noch Luft. Die Sauerei hielt sich also in Grenzen. (Ich schwöre! Seine Haare waren schon vorher grau!)

Einen Moment versuchte ich den Nachbarn noch zu überreden, meine Kollegen mal anrollen zu lassen, um das Auto zu kontrollieren. Wollte er nicht. Er hatte sogar den Rat abgelehnt, die Batterie abzuklemmen, obwohl jetzt eine Menge blankgebrannter Kabel im Kofferraum hingen. Sowas… Aber es war schließlich sein Auto. Da darf er auch „Schadenfeuer- Lotto“ mit spielen. Ich nahm mir jedenfalls vor, in den nächsten Tagen nicht mehr neben seinem Wagen zu parken.

Schadens- Begutachtung

Schadens- Begutachtung

Beim weiteren Auseinanderpflücken der fernöstlichen Inneneinrichtung des Gefährts kam noch etwas Glut zu Tage. Ich holte einen halben Eimer Wasser und ein Handtuch, mit dem ich den Rest der Glut ausdrückte. Dann hatte ich auch schon den Übeltäter aus dem Brandherd gepopelt und zischend im nassen Tuch liegen: Eine kleine Pumpe für den verstellbaren Stoßdämpfer, immer noch so heiß, dass das Wasser im Handtuch verdampfte. Womöglich hatte ein Kurzschluss sie zum Brennen gebracht.

Ich gab dem Kokel- Auto- Besitzer noch den Ratschlag, zumindest die angebrannten Kabel sauber zu entfernen, damit es nicht zu Folgebränden kam. Er bedankte sich artig für den Einsatz meines Löschers (er bot auch an, ihn zu bezahlen), dann ging ich wieder hinein und packte meine Tasche für die Schicht weiter zusammen. Mein kleines „Privat-Feuer“ hatte ich damit schon mal weg.

Jahrelang hatte ich keinen Löscher im Auto, und ich habe nie einen gebraucht. Dieser Pulverlöscher, den die Vormieter in meiner neuen Wohnung haben stehen lassen, liegt seit nicht einmal zwei Monaten in meinem Wagen – und hat schon gute Dienste geleistet. Welchen Schluss ihr daraus zieht, überlasse ich euch.

Ich werde mir in den nächsten Tagen jedenfalls einen neuen besorgen. Also, nicht, dass ich mich aufdrängen wollte, falls mal was brennt. Aber wenn doch, sagt ruhig Bescheid…  😉

Über firefox05c

Firefighter, Kittyowner, Bagpipeplayer. Querulant. Manchmal bissig, aber im Großen und Ganzen handzahm. Die Themen hier: Feuerwehr - Rettungsdienst - Alltag .
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10 Antworten zu „Hömma, dein Auto brennt!“

  1. Jerowski schreibt:

    Hey, schön erklärt, der Teil zur Anwendung und zum Pulverlöscher (meiner ist zum ähnlichen Preis vom Discounter, der neue/aktuelle allerdings ohne Manometer, das ist evtl. eine Überlegung wert auch wenn die Bauform so ganz gut ist) wäre aber für mich nicht nötig gewesen 😉 War eher ne generelle Anmerkung nach deinem schönen „Was tun bei Tatütata“ für Laien. Wobei, uns wird gelehrt, dass der 1. Stoß ruhig etwas drüber gehen darf (Abdeckungen & „versinterung“ des Pulvers)
    Die Quellensuche bezog sich auf den CO Löscher, wegen der Sauberkeit. Die knapp dreistelligen Kosten haben mich nämlich bisher abgehalten…
    Gruß

  2. ffbrandoberndorf schreibt:

    Durfte meinen 2-Kilo-Löscherchen auch schon mal entleeren. Konnte mit diesem (und 3 weiteren) einen Traktorbrand in einer Scheune so lange klein halten bis die freiwilligen Profis mit dem TSF anrollten. Traktor tot, Scheune lebt.

  3. Jerowski schreibt:

    Hab auch so ein 2kg „Löscherchen“ im Auto. Nicht viel, aber viel besser als nix (Hab meinen alten 1-2kg Löscher bei der letzten Brandschutzübung einfach mal verfeuert und war doch überrascht von der Wirkung). Wobei mir gerade einfällt: Meiner wird bald 2 und müsste als gelegentlich mal getauscht werden. Hab die mitgelieferte Halterung sogar quasi in bester“Feuerwehrmanier“ mit Kabelbinder unter den Beifahrersitz getüddelt =) Und die Löschdecke hintern Verbandkasten.
    Aber was mich interessieren würde: 1) Taugt diese Löschdose? 2) Gibts eigentlich auch günstigere Quellen für CO2 Löscher? Der Preis hat mich bisher immer abgehalten.
    Evtl. sind Feuerlöscher & Co. ja auch mal wieder nen Fachartikel wert (oder gibts den schon?)?!

    • firefox05c schreibt:

      So „2-kg- Löscherchen“ sind gar nicht so schlecht. Du sollst damit schließlich keine im Vollbrand stehenden Wohnmobile löschen, sondern zum Beispiel einen Motorbrand oder Entstehungsbrände kleineren Ausmaßes. Die Löschwirkung beruht übrigens weniger auf das Verdrängen von Sauerstoff, sondern viel mehr auf einen sogenannten Inhibitionseffekt, das heißt, das Pulver greift in die Verbrennungsreaktion ein und unterbricht sie. Daher gibt es auch Löschpulver mit verschiedenen Leistungen, abzulesen an den Zahlen vor den Brandklassen A (feste Stoffe), B (flüssige/ flüssig werdende Stoffe) und C (gasförmige Stoffe) (Ich spare mir an dieser Stelle zunächst mal die Beschreibung der Prüfverfahren… 😉 )
      Es gibt bei Amazon zum Beispiel sehr günstige Löscher mit den Kennzahlen 13A und 70B für 16 Flocken, der „Marktführer“ Gloria bietet einen Löscher mit ähnlichen Leistungen für satte 54 Euro an! Ein Preisvergleich lohnt also. Meinen nächsten kaufe ich mit Manometer: Man hat dann eine Kontrolle über die Funktionstüchtigkeit des Löschers und muss ihn nicht „vorsichtshalber“ nach zwei Jahren austauschen. Der in diesem Artikel benutzte Löscher stammte übrigens aus dem Jahr 2000, bei meiner Entsorgungsaktion vor einigen Wochen fand ich noch einen voll einsatzbereiten Löscher aus den Siebzigern!
      Der Löscher reicht jedenfalls für eine ganze Menge – wenn man die richtige Löschtechnik anwendet: Kurze, gezielte Stöße auf die Flammen, nicht einfach „Dauerfeuer“ in den Rauch. Die bei einem Stoß entstehende Pulverwolke hält sich ein paar Sekunden und wirkt auch diese Zeit (Inhibitionseffekt, so lange die Pulverwolke steht), so dass man sich vor dem nächsten Pulverstoß erst einmal neu orientieren kann. Ein 2kg- Pulverlöscher hat eine reine Spritzdauer von etwa 10 Sekunden, das heißt, je kürzer ein einzelner Stoß ist, je öfter kann man das Löschmittel aufs Feuer spritzen, je länger hat das Pulver Zeit, zu wirken.

      Die Feuerlöschdose, die ich in meinem Flur stehen habe, ist die von Prymos, „Haus und Büro“. Es ist meines Wissens die einzige nach Norm geprüfte Feuerlöschdose auf dem Markt, das heißt, man muss sich nicht auf die tollen Versprechen des Herstellers verlassen! Die 580ml wässriges Löschmittel haben mit einer Leistung von 5A und 21B in etwa die Leistung eines 1kg- Pulverlöschers, machen aber erheblich weniger Sauerei und die Dose lässt sich genauso bedienen wie eine Haarspray- Dose. Nach dem Einsatz kann man das Löschmittel einfach wegwischen. Und nach einem Feuer sollte man die Bude ja sowieso zumindest mal kurz durchwischen, es ist also keine Mehrarbeit… 😉

  4. Daniel schreibt:

    Du kannst doch nicht einen Pkw löschen? Ist doch böse *g*

    • firefox05c schreibt:

      Warum ist das böse? Nur, weil ich keine Diensthose an hatte? 😉

      • Daniel schreibt:

        Schmorbrand etc: Versicherung ersetzt Schaden. Ob die Elektronik sonst noch wo eine Macke hat oder das ganze Auto nach Brand stinkt, interessiert nicht –> Dein Pech
        Vollbrand: Versicherung ersetzt den Zeitwer
        Was ist besser? Ich kenne Feuerwehren die (inoffiziell!) ausbilden, dass man bei keine Menschenleben in Gefahr uneffektiv löscht. Hauptsache viel Wasserdampf *g*

      • firefox05c schreibt:

        Es war ein Kleinbrand, nichts, wofür man das Auto wegwerfen müsste, und nichts, was mit zwei Flaschen Frebreeze nicht wieder hinzubekommen wäre. (Hat damals in meiner Küche auch geklappt, als ich schon dachte, ich müsste neu tapezieren…).
        Wenn wirklich irgendwo gelehrt wird, Autos abbrennen zu lassen, frage ich mich, warum wir in den Zeitungen keine Meldungen von Parkplatz- Großbränden in diesen Städten lesen. Zumal es – Spaß beiseite – auch sehr gefährlich sein kann, da bei den vielen Airbags, Gurtstraffern, Dämpfern und so weiter eine Menge brennende Geschosse in die Gegend fliegen können. Abgesehen von der Umweltverschmutzung und vielem mehr. Zudem wird Feuer meines Wissens nur von Kasko- Versicherungen abgedeckt, die längst nicht jeder hat. Vor allem ältere Autos sind oft nur Haftpflicht- Versichert. Fragen deine Ausbilder den Eigentümer vor dem Löschen erst danach?
        Wenn du schreibst: „Hauptsache Wasserdampf“, muss ich auch fragen, wie man den Wasserdampf produziert, ohne die Flammen zu treffen.
        Alles in allem finde ich diese Aussage zur „Ausbildung“ ziemlich grenzwertig. Wenn deine Feuerwehr so arbeitet, sollten sie lieber den Job wechseln.

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