Viel Beschäftigung, die wenig kostet

…oder: Weihnachten ist nah!

Ist euer Partner Geschichtsinteressiert? Und seeeehr geduldig? Und mag spannendes? Und was zum Spielen? Aber darf wegen der Figur keine Schokolade?

Dann habe ich hier eine tolle Geschenkidee: Originale, irgendwo im Osten ausgebuddelte, ungereinigte römische Münzen! – Aber ungereinigt, das ist wichtig. Weil das macht nämlich den Beschäftigungsfaktor aus.

Also, besser mal von vorne, denn da fängt es meißtens ja an:

Beim Stöbern in eBay fand ich einen Händler, der mit den oben genannten Dingern handelt. Pfundweise. Wahrscheinlich sind sie in Ungarn auf die Filiale der römischen Raiffeisenbank von  Debrecen gestossen. Und der Tresor war weggerostet. Oder auf einen ungeleerten römischen „Einarmigen Banditen“. Jedenfalls kommen seit dem Mauerfall wohl Unmengen dieser Münzen daher. Und wenn dann jeder weiß, was an der Fundstelle wann und wie von wem bewohnt wurde, sind die wohl über. Oder so. Die wollen sich die Sachen wohl nicht Kiloweise in den Keller legen, wie in Ägypten, wo heute noch Tonnen von Friesen und Sarkophagen unkatalogisiert ohne Zusammenhang im Museumsbunker zerfallen.

Jedenfalls bietet dieser Händler ungereinigte und unsortierte Münzen an. Naja, unsortiert ist relativ: Die Silber- und Goldmünzen werden sie schon rausgefischt haben. 🙂

Das Stück kostet 1,65 deutsche Eumel plus Porto, dann bekommt man sie geschickt. Ich habe mal zur Probe 15 Stück bestellt, und als das Kleingeld nach 3 Tagen da war, ging der Spaß los.

Da bei diesen Münzen die eine oder andere beim Betrachten mit dem scharfen Blick schon zu Sand zerfallen könnte, haben sie mir 16 Stück geschickt. Damit konnte ich mich jetzt also beschäftigen.

Zunächst mal schlau gemacht, wie man die Dinger überhaupt reinigt. Da war der erste Nachmittag rum. Ich habe zwar schon ein Elektrolysebad zusammengeprutscht, aber ich will da ja nicht alles sofort reinschmeißen. Sonst kommt womöglich nur noch der Draht wieder raus und Cäsars Konterfei schwimmt als Brei auf der Suppe…

Als das Sinnvollste (um auch die Patina zu erhalten, auf die Sammler Wert legen) erschien mir die Reinigung mit dem Olivenölbad. So machen die das wohl fast alle. Nun gut, jetzt hatte ich kein Olivenöl, da ich da nicht so drauf stehe. Also erst mal die Schwiegermutter in Spé angepumpt auf ein paar Tröpfchen Olivenöl. Die hat sowas nämlich immer. Die braucht zum Kochen gefühlte fünfunddrölfzig Sorten Öl und hunderte von Gewürzen. Mit „Dose auf und inne Mikro“ ist da nämlich nicht.

Das Öl kam dann in eine kleine Tupperdose. Ich mag die Dinger ja eigentlich überhaupt nicht, Tupper ist in meinen Augen nämlich nicht nur total überteuert, sondern gibt bei der Aufbewahrung von einigen Gerichten auch noch Geschmack ab. Aber für die Münzen einzuweichen war sie gerade richtig. Naja, Frau hat zwar leicht hyperventiliert, als sie erfuhr, dass ich jetzt schon die zweite Dose zweckentfremde, aber ich musste doch irgendwie die greisen Münzen auf Vordermann bringen! Das müssen auch Frauen einsehen. Da muss „Mann“ mal Prioritäten setzen können. Also habe ich meinem Mädchen eine Tüte zum Reinatmen gegeben und mich weiter um das Kleingeld gekümmert.

Nach der Grundreinigung mit Seife und Zahnbürste („Waaas? Meine Bürste??! Wer soll denn die jetzt noch nehmen!“ *japs*) kam das Geld auf die Heizung zum Trocknen und dann in die Dose. Zwei Tage einweichen. Dann unterkriecht das Öl, das eine leichte Säure enthält, nämlich die Ablagerungen.

Aber als stolzer Besitzer römischer Artefakte stellt man die Dose ja nicht einfach in die Ecke und kümmert sich nicht drum! Oh nein: Sie musste natürlich mit! So stand sie dann bei den Schwiegerleuten neben dem Fernseher, in der Küche vor der Brotschneidemaschine, im Wohnzimmer neben der Fernbedienung und bei Bedarf im Bad auf der Fensterbank. So konnte ich mich zwischendurch immer mal wieder vergewissern, dass es den Kleinen auch gut geht. Ja gut, das Öl kroch nicht nur unter den Münzdreck, sondern auch über die ganze Dose, so dass sie überall einen feuchten Ring hinterließ, wo ich sie abstellte. Machte aber nichts. Der Tisch kann bestimmt ein wenig Öl vertragen, ist ja gut fürs Holz, auf der Fensterbank kann man mit Klopapier mal eben rübergehen, und die Waschmittel heutzutage werben ja eh‘ immer damit, wie gut man damit Ölflecken aus der Hose bekommt.

Nach verkürzten 2 Tagen (ich habe es nicht ausgehalten, da dauerten die 2 Tage eben nur 6 Stunden. Aber ich glaube nicht, dass Dreck ein Zeitgefühl hat…) holte ich die ersten Münzen mal raus, baute meine „Dritte- Hand- Lupe“ auf und fing beschreibungsgemäß mit einer Nähnadel an, den Dreck runterzuprökeln. Bei einigen Münzen ging das auch recht gut, die Patina blieb drauf, und nach einigen Stunden grinste mich dankbar ein etwa 1800 Jahre alter Mann mit Speckkopf und Lorbeerkranz an. 4 Münzen bekam ich auf Anhieb fast sauber. Der zweite Tag war rum. Aber glaubt nicht, dass das mit einem Mal einweichen getan ist! Einige Stücke ließen sich nämlich nicht oder nur unvollständig reinigen. Wahrscheinlich haben sie im Asphalt gelegen, das Zeug pappte jedenfalls so fest auf dem Metall, dass die anderen Münzen wieder in die Dose mussten. OK, mittlerweile reichte es mir, wenn ich wusste, dass die Dose im Wohnzimmer stand, so dass Schatzi nicht immer schimpfend die Ölringe auf den Möbeln entfernen musste.

In den folgenden Tagen popelte ich also beim abendlichen TV- Programm (welches man ohne Medikamente meißt sowieso nicht durchsteht) seelig an den Münzen rum. Waren ja immernoch 12 von 16, da gibt es eine Menge zu tun!

Es stellte sich dann heraus, dass einige Münzen nur einen sehr schlechten Erhaltungszustand hatten, zwei hatten sogar gar keine Prägung mehr, so dass ich mutiger wurde (man konnte ja eh‘ nichts verlieren) und nach anderen Methoden suchte. So schallte es die kommenden Tage sporadisch durch die Wohnung: „Mit meiner guten Bleeching- Zahncreme? Weißt du, was die kostet?“ – „Du, wir hatten doch noch Zitronensaft- Extrakt! Wo ist denn der?“ – „Die Flecken vor dem Elektro- Dingens bekommt man hoffentlich wieder Weg?“ – „Wo ist denn die neue Zahnbürste schon wieder?!“

Letztendlich bekam ich von den 16 Münzen 7-8 wieder so sauber, dass ich überlege, sie wieder zu verkaufen. Da tut sich aber die nächste Beschäftigungstherapie auf: Wenn man sie vernünftig anbieten möchte, so dass auch schon mal 3 oder 4 Eumel dabei rumkommen, muss man wissen, was man da überhaupt so liebevoll freigepuhlt hat. Bei heutigen Währungen ist das wohl kaum ein Problem: Es gibt Staaten, die haben ihre Münzen schon Ewig in Gebrauch. Nicht so die Römer: Jeder Kaiser, manchmal auch seine Frau, hatte seine eigene Serie. Dann gab es noch „Gedenkserien“, wenn sie mal wieder irgendwo die Germanen verkloppt haben. Und Überstempelungen, wenn vom letzten Kaiser die Kohle aufgewertet werden sollte. Und-und-und. Also hunderte, wenn nicht tausende verschiedener Münzen. Denn die Römer hatte ja ein paar hundert Jahre Zeit!

Jetzt hatte der Münzhändler in dem Begleitschreiben freundlicherweise eine Internetseite angegeben, auf der eine Menge Geld mit Fotos abgebildet ist. Und sich da durchzuwuseln, ist schon ein ziemliches Geduldsspiel!

Sollte ich sie zuordnen können, kann ich sie ja bei eBay wieder einstellen. Dann sollte etwa der Kaufpreis der ungereinigten Münzen wieder etwas gegenfinanziert sein. Wenn die dann vielleicht 20 Euro bringen, war ich tagelang beschäftigt für sage und schreibe (also, hier nur „schreibe“) 7,25 Euro!

Also ein günstiges Geschenk für Leute, die Spass daran haben! Oder auch für Leute, die ihren geschichtsbegeisterten Partner mal ein paar Tage los sein wollen…

Über firefox05c

Firefighter, Kittyowner, Bagpipeplayer. Querulant. Manchmal bissig, aber im Großen und Ganzen handzahm. Die Themen hier: Feuerwehr - Rettungsdienst - Alltag .
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6 Antworten zu Viel Beschäftigung, die wenig kostet

  1. macsoja schreibt:

    Und hast Du sie (die Münzen) auch identifiziert? Und wenn ja, wie?
    Verkauft sich ja besser, als wenn man sie als „unbekannte römische Münze“ einstellst.

    fragende grüße
    mac

    • firefox05c schreibt:

      Es gibt eine Seite im Netz ( http://www.wildwinds.com/coins/ric/#C ), auf der man mit viel Geduld und etwas Glück auch ohne Kenntnisse „seine“ Münzen wiederfinden kann. Auch gibt es entsprechende Bücher als Nachschlagwerke. Allerdings sollte die Prägung auf der Münze schon sehr deutlich zu erkennen sein, da sich viele der über Jahrhunderte geprägten Münzen stark ähneln.

  2. Mittlerweile ist knapp ein Jahr vergangen… Wie innig ist die Beziehung zwischen dir und deinen Münzen denn mittlerweile?? 🙂 Oder hast du sie in der Zwischenzeit doch wieder gegen „deutsche Eumel“ eingetauscht? 😀

  3. VS-Geheim-Blog-Leser schreibt:

    Und? Darf man erfahren, was dabei rumgekommen ist?

    • firefox05c schreibt:

      Habe die Münzen noch nicht eingestellt, konnte mich noch nicht dazu entschließen. Beim stundenlangen Rumpuhlen baut man doch so eine Art „Beziehung“ auf… 😉

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